Resilienz bei Kindern und Jugendlichen entdecken und fördern

Resilienzförderung will die Widerstandsfähigkeit stärken

Junge Menschen erleben unterschiedlich schwere Erlebnisse und nehmen diese auch unterschiedlich schlimm wahr. Situationen aus der Umwelt (z.B. Krieg, Armut) aber auch familiäre Umstände (z.B. Tod, Scheidung) zwingen den jungen Menschen dazu, sich mit Problemen auseinander zu setzen. Die Konfrontation mit negativen Erlebnissen lässt einen resilienten Menschen über sich hinauswachsen und ein weniger resilienter Mensch daran verzweifeln.

Unter den Begriff "Resilienz" versteht man die Fähigkeit des Menschen, Belastungen und schwierigen Lebenssituationen standzuhalten und manchmal sogar noch an ihnen zu wachsen.

Bei jungen Menschen verhält es sich dabei ungefähr wie mit einem Schnupfen:

Während manche Junge Menschen beim leisesten Wind sofort die Nase läuft, erkälten sich andere nur selten. Wir sagen, diese junge Menschen sind abgehärtet. Ihr Immunsystem kann die Angriffe auf den Körper erfolgreich abwehren.

Genau wie der Körper, ist auch die Seele Risiken ausgesetzt. Statt Viren und Bakterien wird sie beispielsweise durch Misserfolge, Notsituationen oder Unglücksfälle angegriffen. Auch hier gibt es junge Menschen, die einem belastenden Ereignis, wie zum Beispiel einem Streit, schnell hilflos gegenüberstehen. Andere hingegen "haut so leicht nichts um". Sie sind in der Lage, kritische Erfahrungen zu meistern ohne Schaden zu nehmen. Diese psychische Widerstandsfähigkeit nennen Wissenschaftler Resilienz. Vereinfacht gesagt ist Resilienz also das Immunsystem der Seele.

Resilienz bei Kindern

Auch wenn ein Leben ohne Widrigkeiten verlockend klingt, sind Rückschläge und Niederlagen gar nicht das Schlechteste, was deinem Kind passieren kann. Noch problematischer als die Ärgereien auf dem Schulhof, schlechte Noten und die Angst vor dem Schwimmbecken wäre es nämlich, wenn dein Kind überhaupt keine Probleme kennen würde. Denn ohne Herausforderungen gelingt auch kein (geistiges) Wachstum. Und was wünschen sich Eltern mehr, als ein Kind, das wächst und sich weiterentwickelt?

Nicht resiliente Kinder vs. resiliente Kinder

Um die Resilienz eines Kindes im Alltag gezielter fördern zu können, ist es zunächst einmal notwendig, den Status quo zu ermitteln. Durch Beobachtung des Kindes und dessen Verhaltens lässt sich festhalten, wie stark oder weniger stark das Resilienzvermögen ausgeprägt ist.

Verschiedene Verhaltensmuster können im Vergleich nützliche Hinweise geben:

  • Warten passiv auf Hilfe = suchen sich aktiv Hilfe
  • Lassen sich nicht helfen = lassen Hilfe zu
  • Fühlen sich Problemen ausgeliefert = bemühen sich Probleme zu lösen
  • Sehen Hindernisse als unüberwindbar = vertrauen in die eigenen Fähigkeiten
  • Zeigen ein ambivalentes Beziehungsverhalten = können Bindungen aufbauen
  • Sind ihrem Kummer ausgeliefert = können über ihren Kummer lachen
  • Bleiben eher beim bereits Bekannten = nehmen gerne Herausforderungen an
  • Brauchen Lob von anderen = sind unabhängig von Bewertungen anderer
  • Haben eine fehlende Selbsteinschätzung = haben eigene Fehlerkontrolle
  • Orientieren sich an Vorgaben = entwickeln eigene Kreativität und Fantasie

Was macht resiliente Kinder aus?

Die Resilienz bei Kindern kann durch gutes und gesundes Lernen gefördert werden.

Der Leiter des Zentrums für Kinder und Jugendforschung an der evangelischen Hochschule Freiburg, Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff, stellte heraus, dass resiliente Kinder bestimmte Fähigkeiten besitzen.

Resiliente Kinder können:

  • Ihre eigenen Gefühle und die von anderen erkennen und einordnen
  • Die eigenen Gefühle kontrollieren, regulieren oder dafür um Rat bitten
  • Eigene Stärken und Kompetenzen erkennen.
  • Hilfe holen und scheuen sich nicht vor Kontakt
  • Strategien zur Problemlösung entwickeln und auf ähnliche Situationen übertragen

Wie können wir Resilienz bei Kindern stärken?

Die Resilienz von Kindern und Erwachsenen unterscheidet sich nicht. Wer als Kind resiliente Eigenschaften entwickelt, dann genau diese sich im späteren Leben zu Nutze machen. Allerdings entwickeln Kinder ihre innere Widerstandskraft zum Großteil im Zusammenspiel Erwachsenen.

Im Alltag könnte Resilienz zum Beispiel so aussehen:

Dein Kind im Grundschulalter ist zum ersten Mal für ein paar Stunden allein zu Hause. Erst hat es Langeweile, dann Hunger und schließlich Angst. Irgendwann hält es das Alleinsein nicht mehr aus und ruft dich an. Doch statt umgehend nach Hause zu kommen, könnt ihr zusammen nach Lösungen suchen. Was kann dein Kind tun, um sich die Zeit zu vertreiben? Gibt es irgendwo noch einen Snack für den kleinen Hunger? Die Mini-Krise ist schnell überwunden und beim nächsten Mal allein zu Hause kann sich dein Kind an diese Strategien erinnern und sie selbstständig für sich nutzen.

Damit Kinder ihre eigene Widerstandskraft aufbauen, brauchen sie Wärme und Zutrauen, sowie Interesse und Kontrolle. Wenn dem Kind wichtige Werte und der Glaube an die eigene Selbstwirksamkeit vermittelt wird, kann es sich im späteren Leben selbst behaupten und lernt einen flexiblen Umgang mit schweren Lebenssituationen.

Diese 10 Faktoren sind für starke, resiliente Kinder wertvoll:

1. Loben und ermutigen - vor allem, wenn sich das Kind bemüht und nicht aufgibt, wenn ihm etwas schwerfällt. Selbst wenn es nicht schafft, was von ihm erwartet wird, sollte auch der Versuch gelobt werden.

2. Feste Bezugspersonen, die Zuversicht vermitteln, stärken Kinder ein Leben lang. Wenn das nicht die eigenen Eltern sein können, haben auch andere Menschen einen großen Einfluss: Verwandte, Pädagogen, Trainer, Nachbarn oder andere Mutmacher. Es müssen Erwachsene sein, die verlässlich da sind und das Kind seinen Bedürfnissen entsprechend behandeln.

3. Anteil nehmen. Wenn Erwachsene echtes Interesse zeigen, blühen Kinder auf. Die Großen sollten die Kleinen deshalb immer wieder auffordern, etwas von sich und ihren Gefühlen zu erzählen. Was spielst du gern? Was liest du? Was magst du an deinen Freunden? Wie gefallen dir bestimmte Dinge? Bei solchen Fragen lernen Kinder, ihre Emotionen zum Ausdruck zu bringen und diese später zielgerichtet einzusetzen, um sich selbst zu helfen.

4. Kritik ist erlaubt. Sie sollte aber richtig formuliert werden. Das heißt, dass nicht die Mängel im Vordergrund stehen, sondern das Bemühen. Auch wenn Kinder etwas falsch machen, müssen sie nicht beschimpft werden. Wenn etwas kritisiert wird, dann ist es das Verhalten und nicht die Person. 

5. Zeit für Zärtlichkeit. In den Arm nehmen, kuscheln, über den Kopf streicheln - das tut jedem Kind gut. Man kann es gar nicht oft genug machen und muss auch keine Angst davor haben. Wenn es mal zu viel werden sollte, wird das Kind seine Eltern das spüren lassen, indem es sich zurückzieht.

6. Du bist einzigartig und wertvoll. Väter und Mütter sollten ihre Kinder nicht mit anderen vergleichen ("Guck mal, dein Freund kann das viel besser"). Das kränkt und nimmt den Kleinen den Glauben an sich selbst. Ein zuverlässiges "Wir haben dich lieb - gleichgültig was du tust und wie du bist" macht stark.

7. Selbstvertrauen gewinnen. Kinder dürfen nicht zu sehr in Watte gepackt werden. Wenn Eltern ihnen jeden Fehltritt ersparen wollen, bleiben wichtige Erfahrungen einfach aus. Das Kind erlebt dann nie, dass es sich selbst helfen kann.

8. Vorbild sein. Auch bei Erwachsenen läuft nicht immer alles nach Plan. Wenn Eltern im Konfliktfall Reißaus nehmen und den Kopf in den Sand stecken, ist es kein Wunder, wenn die Kinder das auch tun. Mütter und Väter sollten Vorbild sein und ihrem Nachwuchs zeigen, wie man nach Niederlagen wieder aufsteht. Zum Beispiel, indem man sich an frühere Erfolge erinnert, an etwas Schönes denkt oder sich trösten lässt.

9. Tränen zulassen. "Ein Indianer kennt keinen Schmerz", "Jetzt heul doch nicht", "Mach mal ein fröhliches Gesicht" - solche Sprüche sollten Eltern sich verkneifen. Denn Kinder müssen auch lernen, negative Gefühle zuzulassen. Trauer, Wut, geschockt sein - nur wer solche Gefühle kennt, kann mit ihnen umgehen.

10. Früh Verantwortung übertragen. Sei es für das Haustier, für kleinere Geschwister oder Aufgaben im Haushalt - wer Verantwortung übernehmen kann und dabei erfolgreich ist, hat meist auch später Spaß an Herausforderungen, die glücklich und stark machen.

Wir können die Fähigkeit von Kindern, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen umzugehen, auf recht einfache Weise fördern: Indem wir sie so annehmen, wie sie sind und sie in unseren Alltag einbinden in Vertrauen und Wertschätzung. Das bedeutet, dass wir ihnen die Chance geben, sich im Spiel und in Alltagsaufgaben auszuprobieren und Lernerfahrungen zu machen: Vielleicht geht es am Anfang daneben, wenn sich das Kind mit einem kleinen Krug selbst einschänken will, aber mit der Zeit und durch wiederholtes Lernen wird es besser. Wir können unsere Kinder "helfen" lassen - in einem ehrlichen Sinn. Nicht mit "babyeinfachen Aufgaben" sondern wirklich ihrem Alter entsprechend und uns über diese Entlastung durch die Kinder freuen.

Natürlich können Kinder Müll wegbringen, einkaufen gehen und/oder einfache Gerichte kochen oder backen. Wir können uns über diese Hilfe aufrichtig, nicht aufgesetzt, freuen und Dankbarkeit zeigen. Sie können auch in Entscheidungen demokratisch eingebunden werden, beispielsweise in Form eines Familienrats, in dem wöchentlich wichtige Punkte besprochen werden und alle in der Familie sich einbringen können, ihre Meinung sagen und erklären, was sie gerade brauchen, was gut läuft, was fehlt. Hier kann auch diskutiert werden und es werden gemeinsam Alternativen gefunden, wenn nicht alle übereinstimmen.

Die Resilienz unserer Kinder können wir also durch einfache Beteiligung und Wertschätzung stärken. Wir müssen dazu nichts extra kaufen, müssen nichts beibringen, sondern unterstützen und respektieren unsere Kinder und nehmen sie als wichtigen Bestandteil unseres Lebens ernst.

Resilienz bei Jugendlichen

Seelische Robustheit stärken

Gerade im Jugendalter sind die Kompetenzen im Umgang mit Belastungen häufig nicht ausreichend. Dabei stellen Stresskompetenz und persönliche Resilienz eine wichtige Grundlage für die psychische Gesundheit sowie den Erfolg in Schule und Ausbildung dar.

Wer darüber verfügt, ist vor Schicksalsschlägen zwar nicht gefeit - Verluste, Misserfolge, Trauer oder Krankheiten gehören zum Leben -, sie können sie aber überstehen, ohne daran zu zerbrechen. Selbstwirksamkeit lautet das Zauberwort. Das Gefühl, selbst Einfluss zu haben und etwas bewirken zu können, gilt als innerer Schutzfaktor. Wer sein Leben selbst positiv beeinflussen kann, kommt auch aus scheinbar hoffnungslosen Situationen wieder heraus.

Diese 11 Faktoren sind für starke, resiliente Jugendliche wertvoll:

  1. ausdrückliches Vorhaben des Kindes, ein anderes Erwachsenenleben zu führen als die Eltern;
  2. positives Selbstbild und ausgeprägtes Selbstvertrauen;
  3. Gefühl von Sinnhaftigkeit und Orientierung im Leben, Zielgerichtetheit;
  4. Selbstständigkeit;
  5. Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen;
  6. eigene Talente nutzen;
  7. Problemlösefähigkeit;
  8. Zukunftsbilder kreieren können;
  9. das Gefühl haben, dass man selbst wählen kann;
  10. das Gefühl haben, Kontrolle über sein eigenes Leben zu besitzen;
  11. Erfolgsmomente, das Gefühl haben, schon etwas erreicht zu haben.

Im Fokus stehen die eigene Verantwortung, die Aktivierung persönlicher Ressourcen sowie die Stärkung der Persönlichkeit.

Resilienzförderung richtet sich auch an Eltern

Programme zur Resilienzförderung können sich ebenso auch an Eltern und andere Personen im Umfeld des Kindes und Jugendlichen richten. Hier ist vor allem an elterliche Stressreduktion oder an Erziehungskompetenz zu denken.

Wollen Sie mehr über das Thema "Resilienz" erfahren, dann nehmen Sie gerne mit mir telefonisch Kontakt auf oder schicken Sie mir eine E-Mail.